Einleitung
Die Steppenschildkröte Testudo horsfieldii Gray, 1844, auch Russische Landschildkröte oder Vier-zehenschildkröte genannt, ist eine relativ unscheinbare, ca. 20 cm grosse Landschildkröte (Abb. 1-4). Die Farbe des Panzers ist blassgelb bis leicht oliv mit einer verwaschenen schwarzen Fleckenzeichnung. Von der Seite wirkt der Panzer eher flach und in der Draufsicht fast kreisrund. Der flache Panzer und die kräftigen Vorderbeine sind eine Anpassung an ihre Lebensweise. In der Natur halten sich Steppenschildkröten gerne in ihren selbst gegrabenen Höhlen auf, welche ihnen Schutz vor den extremen klimatischen Bedingungen bieten.
Als Ersatz für die Griechische Landschildkröte Testudo hermanni wurden sie zu Hunderttausenden in ihrer Heimat für den Heimtierhandel abgesammelt.
Verbreitung
Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom Ufer des Kaspischen Meeres
im südöstlichen Europa über Kasachstan, Turkmenistan, Usbekistan, Kirgistan, den Iran, Afghanistan, Nordwest Pakistan und das südwestliche China.
Lebensraum
Steppenschildkröten bewohnen die mittelasiatischen Steppen, Sand- und Lehmwüsten mit niedrigem Bewuchs. Der wärmste Teil des Verbreitungsgebietes ist Turkmenistan. Dort erreicht sie Höhenlagen bis 2000 m. In Ka-sachstan soll man sie noch in 1200 m Höhe antreffen. Insge-samt bevorzugt sie allerdings das tiefer gelegene Flachland.
Leben im Extremklima
Im Sommer können in der Heimat der Steppenschildkröte Temperaturen von bis zu 45 °C und im Winter Minimalwerte von -37 °C herrschen. Die Niederschlagsmengen sind im ganzen Jahr sehr gering und liegen im Sommer bei ca. 6 mm und im Winter zwischen 10 - 14 mm pro Monat
(GRIFFITHS , 1972).
Die Übergänge zwischen den Jah-reszeiten sind sehr kurz und ab-rupt. Steppenschildkröten sind an diese extremen Lebensbedingungen optimal angepasst. So überstehen sie heisse, trockene Sommer als auch lange und kalte Winter. In der Regel halten sie von Oktober bis April ihren Win-terschlaf. Danach kommt ihre grösste Aktivitätsphase. Jetzt bleibt ihnen nur wenig Zeit sich mit der Nahrungsaufnahme und der Paarung zu beschäftigen. Be-reits Ende Juni bis Anfang Juli sind die letzten Futterreserven in der Natur verdorrt und die Tiere vergraben sich zur Sommerruhe. Danach bleibt ihnen noch eine kurze Aktivitätsphase, bevor der nächste Winter einbricht.
Unterarten:
Drei Unterarten werden zur Zeit unterschieden:
Vergesellschaftung mit anderen Landschildkröten
Man kann die Tiere durchaus mit anderen, vor allem europäischen Arten zusammen pflegen. Dabei muss man auf eine eventuelle Bastardisierung achten.
KIRSCHE (1997) schreibt von einem Bastard aus Testudo horsfieldii und
Testudo hermanni boettgeri.
Wichtig bei einer solchen Haltung ist, dass die jeweiligen Männchen genügend arteigene Weibchen zur Verfügung haben. Ansonsten wird alles angepaart, was in ihr «Beuteschema» hinein passt. Des weiteren müssen die jeweiligen Lebensbedingungen für die ent-sprechende Art eingehalten wer-den. Am besten hält man Testudo horsfieldii aber in einer artreinen Gruppe.
Haltung
Ab ca. einem Alter von zwei Jahren sollte man einer Steppenschildkröte deutlich mehr Platz zur Verfügung stellen.
Hier gibt es verschiedene Mindestanforderungen, z.B. ein Gutachten der DGHT (Deutsche Gesellschafft für Herpeteologie und Terrarienkunde e.V.), welches besagt:
Die Behälterlänge für zwei Landschildkröten berechnet sich aus der 8-fachen Panzerlänge des größten Tieres und 50 % von der Breite. Leider gibt es keinen Hinweis, dass es sich bei diesen Mindestmaßen
nicht um 2 Männchen handeln sollte. Für jedes weitere Tier gibt man 10 %, ab der fünften 20 % der Grundfläche hinzu.
Diese Behälter können aus verschieden Materialien, wie z.B. Glas, Holz, Kunststoff, usw sein. Bei ausgewachsenen Tieren, vorallem einer größeren Weibchengruppe bietet sich eine Haltung in gemauerten
Terrarien an.
Grundsätzlich kann man zwischen zwei Haltungsarten wählen:
1. ganzjährige Freilandhaltung mit beheizbarem Gewächshaus (Wintermonate ausgenommen)
2. kombinierte Zimmer und Freilandhaltung
Das wichtigste bei diesen beiden Arten ist, dass den Tieren stets zuträgliche Temperaturen geboten werden. Nach Beenden der Winterruhe im März, sollte die Temperatur allmählig auf etwa 25°C ansteigen. Lokal wird mit Strahlern der Boden auf 40-45°C erwärmt. In der Nacht darf die Temperatur auf ca. 15°C absinken.
Wird der 2. Haltungstyp gewählt, hat es sich als sinnvoll erwiesen, zusätzlich noch einen UV-Strahler im Zimmerterrarium anzubringen. Erst ab etwa Ende Mai, wenn nicht mehr mit Frost zu rechnen ist, sollten die Tiere ins Freiland gebracht werden. Dort benötigen sie mindestens einen mit Heu, Laub und lockerer Walderde gefüllten Unterschlupf aus Holz oder ein kleines Frühbeet. Dieses hat den Vorteil, dass es sich Morgens schneller erwärmt und die Tiere besser ihre Vorzugstemeraturen erreichen können. Bei länger anhaltenter nass-kalter Witterung sollten die Tiere zurück ins Zimmerterrarium gebracht werden. In so einem Sommerquartier kann man den Schildkröten erheblich mehr Platz bieten. Ein Freigehege legt man am besten Richtung Süden an. Man sollte darauf achten, dass das vorgesehene Gelände nicht von Bäumen, Büschen oder Gebäuden beschattet wird. Es sollte möglichst ganztägig von der Sonne beschienen werden. Bei der Gehegeabgrenzung muss man auf eine solide Einfriedung, wie z.B. aus Palisaden achten. Wichtig ist, daß sie etwa 20 cm im Erdreich eingelassen wird, da die Tiere gern graben. Im Gehege sollte auf alle Fälle auf einen Sonnenplatz, z.B. aus Gewegplatten, der nach einem Regenschauer schnell abtrocknet, geachtet werden. Außerdem muß man auch
an Schattenplätze denken (kleine Büsche, Sträucher oder Horstbildende Gräser). Natürlich sollte auch eine Futterwiese zur Verfügung stehen.
In so einem Sommergehege können die Tiere bis etwa Anfang oder Mitte September bleiben. Danach werden sie zurück ins Zimmerterrarium überführt und durch allmähliges Absenken der Temperatur und
Beleuchtung auf die Winterruhe vorbereitet.
Entscheidet man sich für den Haltungstyp 1, gilt in etwa das gleiche wie für das oben genannte Sommergehege. Allerdings muss hier besonderer Wert auf ein beheizbares Gewächshaus gelegt werden. In diesem werden sich die Schildkröten den überwiegenden Teil ihres Lebens aufhalten. In den Übergangsjahreszeiten müssen Leistungsfähige Strahler vorhanden sein. Auch das gesamte Außengehege sollte hier etwas großzügiger ausfallen. Etwa 20 qm für 6 - 8 Tiere sollte man nicht unterschreiten. Diese Haltungsmethode hat viele Vorteile. Die Schildkröten müssen sich nicht immer wieder an eine andere Umgebung gewöhnen. Sie erhalten ständig UV-Licht bei einer natürlich großen Lichtfülle. Und sie können sich selbstständig, durch die im Herbst kürzer werdenden Tage auf die Winterruhe vorbereiten. Von November bis Mitte März werden die Tiere bei Temperaturen von 3 - 8 Grad Celsius überwintert.
Ernährung
In der Natur ernähren sich Steppenschildkröten ausschließlich vegetarisch. Dem muss bei der Haltung unbedingt Rechnung getragen werden. Die Nahrung sollte hauptsächlich aus verschiedenen Gräsern, Blüten, Schoten und Sämerein bestehen. z.B.
Im natürlichen Verbreitungsgebiet vertrocknet durch extrem große Trockenheit und Hitze die Vegetation bereits Anfang bis Mitte Juni. Von jetzt an ernähren sich die Schildkröten von ausgedürrtem Pflanzen und Pflanzenteilen. Deshalb sollte man bei der Haltund in Gefangenschaft zu Beginn des Hochsommers feines Heu unter das frische Grün mischen. Wichtig dabei ist, dass die Tiere stets eine Trinkgelegenheit haben und sich über Nacht in erdfeuchtem Substrat eingraben können. Gelegentlich kann man auch etwas Obst (wenig) und Gemüse anbieten. Hier sei vorallem das Hauptaugenmerk auf Beerenfrüchte und Möhren gelegt.
Aufzucht der Steppenschildkröte
Terrarium:
Glasterrarium oder Kunststoffbox (ca. 60 x 30 cm, reicht für ein bis maximal zwei Jahre, für ca. 2 Tiere), sollte leicht durch Türen zu transportieren sein um die Tiere bei schönem Wetter ins Freie zu bringen.
Boden:
Sand - Erde Gemisch (2:1), immer erdfeucht halten, außer unter dem Wärmestrahler kann der Boden abtrocknen.
Wärme und Beleuchtung:Spotstrahler (ca. 75 Watt), Strahler mit UV - Anteil, sollten etwa 10 - 12 Stunden (Sommerhalbjahr) brennen, keine Bodenheizung (gibt flache Panzer), den Spot so anbringen, dass etwa 30 °C - 35 °C im Kegel erreicht werden.
Futter:
junge Steppenschildkröten werden gleich wie die Adulten Tiere gefüttert, Löwenzahn, Löwenmaul, Herbstlöwenzahn, Lupin, Huflattich, Klee (jeweils Bätter und Blüten), Sauerampfer, Labkraut, Hahnenfuß, fette Henne, Bärlatsch, junge Nesseln, Disteln, vor allem Gänseistel, Brombeerblätter, Heu und Heucops, Sepiaschale etc.
Obst und Gemüse (nur gelegentlich): Zucchini, Möhren (gerieben), Chicoree, Tomaten (wenig), Erdbeeren, Johannesbeeren, Himbeeren, Feigen, Plaumen, Kopfsalat, Ruccola, Eisbergsalat, Endivien, Pfirsiche...
In der kalten Jahreszeit, wenn keine Wiesenkräuter zur Verfügung stehen, empfielt es sich das Futter durch Zusätze etwas aufzuwerten (z.B. Korvimin ZVT).
Pflege:
Winterruhe:
im ersten Winter etwa 2 - 3 Monate (Dez. - Febr.) bei 4 °C bis max. 8 °C,
am besten in einem Kühlschrank.
Je nach Gewicht und Körpergröße sollten die Tiere nach ein bis spätesten zwei Jahren in ein geräumiges Terrarium bzw. geschütztes Freigehege umziehen.
Eigener Artikel zur Haltung und Pflege der Steppenschildkröte. Dieser ist 2013 in der Vereinszeitschrift "TESTUDO" erschienen. Das Original kann über die Homepage der SIGS
(Schildkröten-Interessengemeinschaft Schweiz) bezogen werden.